Datenschutz und Cybersecurity

Datenschutzkonferenz veröffentlicht Orientierungshilfe zur Videoüberwachung

Am 17. Juli 2020 hat nun das Gremium der deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden, die Datenschutzkonferenz (DSK), ihre Orientierungshilfe zur Videoüberwachung veröffentlicht. In der 41 Seiten starken „Orientierungshilfe Videoüberwachung“ befasst sie sich ausführlich mit den einschlägigen datenschutzrechtlichen Anforderungen bei einer Videoüberwachung durch Private und Unternehmen.

Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 11. Dezember 2019 eine grundlegende Entscheidung zu den datenschutzrechtlichen Anforderungen an eine Videoüberwachung auf Grundlage berechtigter Interessen getroffen. Anschließend gab bereits das European Data Protection Board (EDPB) seine Leitlinien zur Verarbeitung personenbezogener Daten über Videogeräte heraus.

Die neue Orientierungshilfe widmet sich maßgeblich den Voraussetzungen für eine Videoüberwachung auf Grundlage berechtigter Interessen. Wie schon die Leitlinien des EDPB konkretisiert die DSK-Orientierungshilfe für diese in der Praxis hochrelevante Rechtsgrundlage die wichtigen Voraussetzungen einer datenschutzkonformen Videoüberwachung.

Voraussetzungen beim Einsatz von Videoüberwachung

Im Mittelpunkt der Orientierungshilfe stehen, neben der Einhaltung der allgemeingültigen Vorgaben der DSGVO, die Erforderlichkeit und die Angemessenheit der Verarbeitung im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO. Die DSK greift die abstrakten Vorgaben des EuGH auf und gibt Leitlinien vor, unter welchen Umständen eine Videoüberwachung zulässig sein kann und wann dies in der Regel nicht der Fall ist.

Die wichtigsten Punkte sind aus Sicht der DSK zum einen die Frage nach der vorherigen Ausschöpfung geeigneter, alternativer Mittel zur Erreichung des mit der Videoüberwachung verfolgten Zwecks (z.B. dem Schutz eines Gebäudes vor Beschädigung oder unbefugtem Betreten) und zum anderen die Abwägung zwischen den berechtigten Interessen an einer Videoüberwachung und der schutzwürdigen Belange der Betroffenen.

Während die DSK betont, dass die jeweiligen Interessen stets anhand des konkreten Einzelfalles abzuwägen sind und nicht auf eine abstrakte, allgemeine Interessenlage abgestellt werden könne, lassen sich der Orientierungshilfe doch gewisse Grundsätze entnehmen:

  • Gefordert werden konkrete Tatsachen, aus denen sich eine entsprechende Gefahrenlage ergibt, welche über das allgemeine Lebensrisiko hinausgeht. Nur im Ausnahmefall kann schon eine abstrakte Gefahrenlage ausreichend sein – zum Beispiel, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung eine typischerweise gefährliche Situation vorliegt, etwa bei besonders gefährdeten Objekten wie Juwelieren oder Tankstellen.
  • Vor dem Einsatz einer Videoüberwachung muss sich der Betreiber zuvor im Detail mit alternativen (Sicherungs-)Maßnahmen befasst und diese dokumentiert als ungeeignet festgestellt haben.
  • Die Videoüberwachung ist auf das notwendige Maß zu beschränken, was insbesondere durch technisch und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen ist – wie z.B. durch die Einschränkung des Sichtbereichs, die Deaktivierung von Zoom- und Neigefunktionen der jeweiligen Kamera, eine begrenzte Aufnahmedauer sowie die frühzeitige Löschung der Aufnahmen, die nach Ansicht der DSK in der Regel innerhalb von 72 Stunden erfolgen sollte.
  • Spezifische Hinweise enthält die Orientierungshilfe für die Überwachung von Beschäftigten, eine Überwachung in der Gastronomie, in der Nachbarschaft u.a. bei Einsatz von Tür- bzw. Klingelkameras sowie für Drohnen, Wildkameras und Dashcams.

Hinweis- und Informationspflichten

Auch zu den Hinweispflichten gemäß Art. 12 ff. DSGVO gibt die Orientierungshilfe für Betreiber wertvolle Hinweise. Es überrascht insofern nicht, dass beim Einsatz von Videoüberwachung weiterhin die Anforderungen bezüglich der Hinweis- und Informationspflichten gelten sollen, welche adressatengerecht umzusetzen seien.

Die DSK fordert hierzu, dass der Umstand der Beobachtung und die Pflichtinformationen zum frühestmöglichen Zeitpunkt durch geeignete Maßnahmen erkennbar gemacht werden – und zwar bevor ein videoüberwachter Bereich von dem Betroffenen betreten wird. Die DSK verfolgt also den bereits vom EDPB vorgeschlagenen „Layered Approach“, bei dem die Betroffenen in zwei Schritten informiert werden können:

Zunächst könne mit einem vorgelagerten Hinweisschild informiert werden, das auf Augenhöhe angebracht sein soll und den Betroffenen einen schnell wahrnehmbaren Überblick über die wichtigsten Informationen verschafft. In einem zweiten Schritt sei dann ein vollständiges Informationsblatt zu verwenden, das an geeigneter Stelle ausgelegt oder ausgehängt und zusätzlich auf einer Webseite vorgehalten wird. Aus den Informationen soll dabei vor allem der jeweils überwachte Bereich erkennbar sein.

Fazit und Empfehlungen

Videoüberwachungsmaßnahmen können auch weiterhin datenschutzkonform erfolgen. Betreiber sollten jedoch überprüfen, ob der geplante oder bereits erfolgende Einsatz der Überwachungskameras den von der DSK konkretisierten Anforderungen entspricht. Die durchzuführende Interessenabwägung sollte nach einer anerkannten Methodik erfolgen. Die verschiedenen Prüfungsschritte sollten nachvollziehbar gemacht und insbesondere die Angemessenheit der Maßnahmen sorgfältig und nachprüfbar dokumentiert werden. Zur Erfüllung der datenschutzrechtlichen Informationspflichten dürfte es sich empfehlen, den von der DSK vorgeschlagenen Weg einer zweistufigen Information umzusetzen. Darüber hinaus sollten Betreiber prüfen, ob eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) gemäß Art. 35 DSGVO erforderlich ist, und eine solche DSFA ggf. durchführen.

Besonders wichtig ist es darüber hinaus, die Anforderungen für jede einzelne Überwachungskamera in regelmäßigen Abständen zu prüfen und das Ergebnis sorgfältig im Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten zu dokumentieren. Für eine erste Bestandsaufnahme kann dabei die in dem DSK-Papier enthaltene „Checkliste für Betreiber“ als Orientierung dienen. Bei der regelmäßigen Prüfung sollte dabei auch eine DSFA aktualisiert bzw. erstmals durchgeführt werden, sofern sich wesentliche Parameter der Videoüberwachung geändert haben.