Gesellschaftsrecht

Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) passiert den Bundesrat

Verfasst von

Dr. Michael Zenker

In seiner Sitzung vom 29. November 2019 hat der Bundesrat beschlossen, gegen den vom Bundestag beschlossenen Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) keinen Einspruch einzulegen. Zuvor hatte der Bundestag am 14. November 2019 in 2. und 3 Lesung dem Gesetzesentwurf zugestimmt, und zwar in der Fassung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 13. November 2019, welche einige Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf vorsieht, insbesondere zu den Themenkomplexen Vorstandsvergütung sowie bei Geschäften mit nahestehenden Personen.

Folgende wesentliche Neuerungen ergeben sich durch die Umsetzung des ARUG II:

  1. Die Neuregelungen des ARUG II schaffen (weitergehende) Mitspracherechte der Aktionäre bei der Vergütung von Aufsichtsräten und Vorständen börsennotierter Gesellschaften („say-on-pay“)
  • In Bezug auf die Vorstandsvergütung verpflichtet der neu eingeführte § 87a AktG den Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft, ein „klares und verständliches System der Vergütung der Vorstandsmitglieder“ zu beschließen. Hinsichtlich des Inhalts dieses Vergütungssystems enthält § 87a Abs. 1 Satz 2 AktG einen umfassenden Angabenkatalog. Von dem festgelegten Vergütungssystem kann der Aufsichtsrat vorübergehend abweichen, wenn dies im „Interesse des langfristigen Wohlergehens der Gesellschaft“ notwendig ist und der Abweichungsmechanismus bereits im Vergütungssystem integriert ist, vgl. § 87a Abs. 2 Satz 2 AktG.
  • Gegenüber dem Regierungsentwurf hinzugekommen ist, dass der Aufsichtsrat als Teil des Vergütungssystems künftig eine Maximalvergütung der Vorstandsmitglieder festzulegen hat (§ 87a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AktG). Diese Maximalvergütung kann von der Hauptversammlung durch verbindliches Votum herabgesetzt werden (§ 87 Abs. 4 AktG), jedoch bezieht sich die Entscheidungskompetenz nur auf die Herabsetzung der Maximalvergütung, wie sie in dem vom Aufsichtsrat beschlossenen Vergütungssystem festgelegt ist.
  • Die Hauptversammlung soll nach § 120a Abs. 1 AktG künftig zwingend bei jeder wesentlichen Änderung, mindestens aber alle 4 Jahre, über die Billigung des Vergütungssystems für den Vorstand beschließen. Dabei kann auch eine Bestätigung des bestehenden Vergütungssystems erfolgen (§ 120a Abs. 1 Satz 4 AktG). Ein entsprechender Beschluss begründet keine Rechte und Pflichten und ist im Übrigen auch nicht anfechtbar (§ 120a Abs. 1 Satz 2, 3 AktG). Der Aufsichtsrat hat bei Ablehnung des Vergütungssystems in der nächsten ordentlichen Hauptversammlung ein überprüftes Vergütungssystem vorzulegen (§ 120a Abs. 3 AktG). Das Gesetz schweigt zur Bindung an dieses überprüfte Vergütungssystem – dementsprechend kann der Aufsichtsrat (theoretisch) auch das nicht gebilligte System fortführen.
  • In Bezug auf die Vergütung der Mitglieder des Aufsichtsrats sieht das ARUG II vor, dass die Hauptversammlung der börsennotierten Gesellschaft in Zukunft mindestens alle vier Jahre über die Aufsichtsratsvergütung zu beschließen hat (§ 113 Abs. 3 Satz 1 AktG).
  • Vorstand und Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft haben überdies künftig jährlich einen durch den Abschlussprüfer zu prüfenden Bericht über die im letzten Geschäftsjahr jedem einzelnen gegenwärtigen oder früheren Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats von der Gesellschaft oder von einem anderen Unternehmen desselben Konzerns gewährte oder geschuldete Vergütung zu erstellen (§ 162 Abs. 1 AktG). Über die Billigung eines solches Berichts beschließt die Hauptversammlung, bei kleinen oder mittleren börsennotierten Gesellschaften genügt die Erörterung als eigener Tagesordnungspunkt (§ 120 Abs. 4, 5 AktG)
  • Sowohl die Vergütungssysteme (nebst Beschlüssen) als auch die Vergütungsberichte (nebst Prüfungsvermerken) sind auf der Interseite zu veröffentlichen.
  1. Die Vorgaben der 2. Aktionärsrechterichtlinie zum Umgang mit Geschäften zwischen börsennotierter Gesellschaft mit nahestehenden Unternehmen und Personen („related-party-transactions“) werden in §§ 111a bis 111c AktG umgesetzt:
  • Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen oder Personen bedürfen grundsätzlich der Zustimmung des Aufsichtsrats, wenn dessen wirtschaftlicher Wert 1,5% der Summe des Anlage- und Umlaufvermögens gemäß dem letzten festgestellten Jahresabschluss bzw. gebilligten Konzernabschluss übersteigt (§ 111b Abs. 1, 3 AktG).
  • Hinsichtlich der Definition von nahestehenden Personen verweist die Regelung des § 111a Abs. 1 Satz 2 AktG auf internationale Rechnungslegungsstandards (IAS 24).
  • Für Geschäfte mit bestimmten Personengruppen sind Ausnahmetatbestände vorgesehen, insbesondere Geschäfte mit Tochterunternehmen (vgl. § 111a Abs. 3 AktG).
  • Die Kompetenz zur Zustimmung zu einem Geschäft mit einer nahestehenden Person kann einem Aufsichtsratsausschuss übertragen werden (vgl. 111b Abs. 1 AktG).
  • Geschäfte mit nahestehenden Personen sind nach Maßgabe von § 111c AktG zu veröffentlichen.
  1. Ferner werden durch das ARUG II Neuregelungen im Bereich der Aktionärsidentifizierung und der Informationsübermittlung zwischen börsennotierten Gesellschaften und ihren Aktionären („know-your-shareholder“) eingefügt:
  • Börsennotierte Gesellschaften haben ihren Aktionären zukünftig Informationen über Unternehmensereignisse zu übermitteln. Sofern nicht ausschließlich Namensaktien ausgegeben werden, hat die Übermittlung an die Intermediäre zu erfolgen, im Falle von Namensaktien, an die im Aktienregister der Gesellschaft eingetragenen Aktionäre. Der Begriff des Intermediärs wird in § 67a Abs. 4 AktG definiert.
  • Im Fall einer Übermittlung an die Intermediäre sind diese verpflichtet, die erhaltenen Informationen an den nächsten Intermediär weiterzugeben („Intermediärskette“). Der Letztintermediär, d.h. derjenige, der als Intermediär Aktien der Gesellschaft für einen Aktionär verwahrt, hat die Informationen nach Erhalt an den Aktionär zu übermitteln (§ 67b Abs. 1 AktG)
  • Gemäß § 67c AktG haben Letztintermediäre die vom Aktionär erhaltenen Informationen über die Ausübung seiner Recht als Aktionär entweder in der Kette an den jeweils nächsten Intermediär weiterzugeben oder diese direkt an die Gesellschaft zu übermitteln.
  • Gemäß § 67d Abs. 1 Satz 1 AktG kann die börsennotierte Gesellschaft von einem Intermediär, der Aktien der Gesellschaft verwahrt, Informationen über die Identität der Aktionäre und über den nächsten Intermediär verlangen.

Das ARUG II wird voraussichtlich im Laufe des Dezembers im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und dürfte dann am 1. Januar 2020 in Kraft treten. Zu beachten ist jedoch, dass die Regelungen über Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung (§§ 87a Abs. 1, 113 Abs. 3, 120a Abs. 1 AktG) erst für Hauptversammlungen des Jahres 2021 gelten. Auch die Vorschriften über den Vergütungsbericht sind erstmals für das nach dem 31. Dezember 2020 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden. Die neuen Vorschriften über die Aktionärsidentifizierung und der Informationsübermittlung zwischen börsennotierten Gesellschaften und ihren Aktionären sind erst ab dem 3. September 2020 anzuwenden.

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